5. November 2025, Kulturhaus Küstriner Vorland (DE)
Das Symposium befasst sich mit der komplexen deutsch-polnischen Geschichte in der Grenzregion, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg. Vorläufiges Programm (Änderungen vorbehalten):
Panel I: Historische Einordnung
Prof. Przemysław Słowiński
Grenzverschiebungen und Verwaltung unter dem Einfluss der ehemaligen Sowjetunion
Vertreibung aus östlichen Gebieten und Migration in die ehemals deutschen Gebiete; Zerstörung und Plünderung, Wiederaufbau; kirchliche Verwaltung und Rolle bei der Identitätsbildung der polnischen Bevölkerung in den neuen Gebieten; Bedeutung der deutsch-polnischen Versöhnung und die Errungenschaften der Europäischen Union
Dr. Reinhard Schmook
„Flucht und Vertreibung im Oder-Warthe Raum“ als Tabu-Thema in der späteren DDR
Ryszard Skalba
Die Pionierjahre des polnischen Kostrzyn
Die Altstadt und Neustadt Küstrins gehörten Mitte 1945 zu den am meisten zerstörten Städten im ehemaligen Deutschen Reich. Die Vertreibung der deutschen Einwohner ebnete den Weg für polnische Siedler, und die Stadt erhielt einen neuen Namen – Kostrzyn. Die ersten Siedler waren hauptsächlich Eisenbahner und Zollbeamte, die für das Funktionieren der grundlegenden Verkehrs- und Grenzstrukturen sorgen sollten. Mit der Zeit kamen Arbeiter hinzu, die am Wiederaufbau der Zellstoff- und Papierfabrik arbeiteten, wodurch das wirtschaftliche Leben wieder in Gang kam.
Kostrzyn entwickelte sich auf dem Gebiet der ehemaligen Neustadt, indem es von Grund auf neue Gebäude und Einrichtungen errichtete. Nach und nach entstanden Ämter, Schulen und Arbeitsstätten, und die Stadt gewann zunehmend ihren polnischen Charakter.
Dr. Tim Müller
The lost Museum. Das Frankfurter Oderlandmuseum im einstigen Lienauhaus
Marek Karolczak, Myślibórz
Materielle Verluste des kulturellen Erbes am Beispiel der Gemeinde Myślibórz (Soldin)
Der Vortrag beschreibt die Situation in Soldin/Myślibórz im Februar 1945 nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee und präsentiert erhaltene Dokumente aus den Sammlungen des Museums des Myślibórz-Seengebiets in Myślibórz. Sie zeigen das Schicksal der Exponate, die sich in den Sammlungen des von 1928 bis 1945 bestehenden Regionalmuseums – Heimatmuseum des Kreises Soldin – befanden.
Dr. Christian Hirte
Museum Lebuser Land Müncheberg
Der Bestandsverlust im Museum Lebuser Land Müncheberg 1945 ff.
Panel II: lokale Sichtweisen – Kulturverlust – Kulturaneignung??
Kamila Pałubicka
Kulturerben e.V.
Künstlerisch-kreative Geschichtsvermittlung am Beispiel Martyriums Museum Słońsk (Sonnenburg)
Der Ort Słońsk (ehemals Sonnenburg) steht exemplarisch für das schwierige Erbe des Nationalsozialismus. Hier befand sich eines der ersten Konzentrationslager, in dem zahlreiche politische Gefangene aus ganz Europa inhaftiert waren. In der Endphase des Zweiten Weltkrieges fielen mehr als 800 Häftlinge einem geplanten Massaker zum Opfer. Die Auseinandersetzung mit diesem historischen Erbe und die Erinnerung an die Opfer bleiben eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe.
Der Verein Kulturerben e.V. arbeitet seit über zehn Jahren mit deutsch-polnischen Jugendgruppen an innovativen künstlerischen Zugängen zu diesem schwierigen Kapitel europäischer Geschichte. In unterschiedlichen Projekten wurden dabei performative, mediale und partizipative Ansätze erprobt, die Jugendlichen ermöglichen, sich aktiv mit Erinnerungskultur auseinanderzusetzen und eigene Ausdrucksformen zu entwickeln.
Im Rahmen der aktuellen Workshops verbinden wir historische Wissensvermittlung mit künstlerisch-kreativen Methoden. Nach einer Führung zu den zentralen Erinnerungsorten in Słońsk und einem Besuch der Museums-Gedenkstätte erarbeiten die Jugendlichen in deutsch-polnische Teams eigenständig Legefilme. Diese Technik erlaubt es ihnen, Bilder, Symbole und Texte zu kombinieren und in kurzen filmischen Sequenzen ihre Reflexionen über die Geschichte von Sonnenburg zu verdichten. Ergänzt wird die Arbeit durch Sprechtexte und Audioaufnahmen, die in eine gemeinsame Performance für die Gedenkfeier einfließen.
So entsteht ein vielschichtiger, transnationaler Zugang zur Erinnerungskultur, der historische Faktenvermittlung mit kreativer Selbsttätigkeit verbindet und Jugendlichen ermöglicht, sich als aktive Gestalter einer lebendigen europäischen Erinnerungskultur zu erfahren.
Thomas Drewing
Geschichts- und Heimatverein Gusow-Platkow e.V.
Neue Museen – der Umgang durch die Nachgeborenengeneration
Das Symposium wird deutsch-polnisch synchron übersetzt.
Es entsteht ein Tagungsband, der ergänzende Fachbeiträge enthält:
Andrzej Kirmiel
Direktor des Alf Kowalski Międzyrzecz Museums in Międzyrzecz
Międzyrzecz und das Międzyrzecz-Land 1933–1947. Angesichts großer Veränderungen
Henriette Brendler M. A.
Frankfurt (Oder)
Gerettet, verschollen, zurückgekehrt: Die mittelalterlichen Chorfenster von St. Marien in Frankfurt (Oder)
Die drei spätgotischen Chorfenster der St.-Marien-Kirche Frankfurt (Oder) werden nicht ohne Grund als gläserner Schatz bezeichnet. Nirgendwo in Brandenburg gibt es einen vergleichbaren Bestand an mittelalterlichen Glasmalereien; das Antichrist-Fenster gilt sogar als einzigartig. Der Beitrag stellt das Schicksal der Frankfurter Bilderbibel im Zweiten Weltkrieg in den Fokus, den Umgang mit diesem Thema in der DDR und den langen Weg von der Wiederentdeckung über die Rückführung bis hin zur Restaurierung.